Sollten Mitarbeiter Ihre Arbeitszeiten selbst festlegen können?
28.10.2021
Flexible Arbeitszeitmodelle werden immer populärer. Laut Experten ist dem traditionellen Arbeitstag von 09:00 -17:00 Uhr ein Ende abzusehen. Auch in Deutschland fordern 50% der deutschen Büroangestellten ein Recht auf flexibles arbeiten. Unternehmen passen sich diesem Trend mit diversen Arbeitszeitmodellen an. Das Gleitzeitarbeitsmodell erlaubt Arbeitnehmern, im Rahmen festgesetzter Kernarbeitszeiten, ihren Arbeitstag selbst zu bestimmen.
Es ist aber fraglich, ob diese neuen Arbeitspraxen auch für jede Firma, für alle Mitarbeiter und für deren verschiedene Tätigkeiten und Funktionen tauglich sind. Jeder Kontext wird verschieden sein und eine spezifische Methodik erfordern. Jedoch bringen flexible Arbeitszeitmodelle viele Vorteile mit sich – sowohl für die Unternehmen als auch für die Mitarbeiter.
Ressourcen der Nachfrage entsprechend anpassen
Wenn einige Mitarbeiter früher oder später als das typische 09:00 bis 17:00 Uhr arbeiten, können Dienstleistungen für Kunden über eine längere Zeitspanne zugänglich sein. Solange man die Gleitzeiten im Voraus plant – zum Beispiel, wenn man weiβ, dass ein Kollege immer Montags bis Freitags von 08:00 bis 16:00 Uhr arbeitet – kann man für Kunden, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftszeiten mit jemandem sprechen müssen, erreichbar sein. Somit können Unternehmen insgesamt länger erreichbar sein und gleichzeitig die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen.
Für Kunden, die selbst auch früher oder später arbeiten, mag diese Arbeitsweise passen. Für diejenigen aber, die erwarten, Montag bis Freitag zwischen 09:00 und 17:00 Uhr durchgängig jemanden erreichen zu können, kann es ein Problem darstellen. Unternehmen sollten gemeinsam mit Ihren Angestellten ausarbeiten, welche Arbeitszeiten nicht nur mit den Ansprüchen aller, sondern auch mit deren spezifischen Arbeitsfunktionen zu vereinbaren sind. Bei manchen Jobs mag es zwar nicht möglich sein, dem Angestellten eine vollständige Arbeitszeitenflexibilität anzubieten, man kann sich aber vielleicht auf eine teilweise Flexibilität einigen.
Nutzen Sie individuelle Vorlieben aufs Bestmögliche aus
Jeder Mensch hat einen unterschiedlichen Biorhythmus und ist daher zu verschiedenen Zeiten des Tages produktiv. Schlagen Sie daraus Kapital, indem Sie Ihren Mitarbeitern erlauben, Ihre eigenen Arbeitszeiten zu planen. Die Frühaufsteher im Team werden produktiver arbeiten, wenn man Ihnen erlaubt, früher mit der Arbeit anzufangen als Ihre Langschläferkollegen. Gleichfalls kann man eine bessere Produktivität von den Nachtschwärmerkollegen erzielen, wenn man diese abends arbeiten lässt. Unterm Strich würden alle Mitarbeiter glücklicher sein, wenn sie sich nicht mehr abmühen müssten, um an für sie persönlich ungeeigneten Zeiten produktiv zu arbeiten.
Durch die unterschiedlichen Arbeitszeiten wird die Zusammenarbeit unter Mitarbeitern sehr erschwert und kann zu einem potenziellen Problem werden. Um dem entgegenzuwirken, können Unternehmen Kernarbeitszeiten im Rahmen des Gleitzeitarbeitsmodells festsetzten. Die Kernarbeitszeit – zum Beispiel zwischen 11:00Uhr und 15:00Uhr oder an bestimmten Tagen – ist eine Zeitspanne, in der alle Mitarbeiter anwesend sein müssen. Somit kann sichergestellt werden, das Meetings zu Zeiten durchgeführt werden können, in denen alle Mitarbeiter erreichbar sind, ohne deren produktivste Arbeitszeit zu stören.
Steigern Sie die Arbeitszufriedenheit
Arbeitnehmer, die flexible Arbeitszeiten haben, berichten von einer höheren Arbeitszufriedenheit. Diejenigen, die eine verbesserte Arbeitszufriedenheit aufweisen, besitzen oftmals auch ein höheres Engagement für Ihre Firma und bleiben längere Zeit in ihren Jobs. Mitarbeiterfluktuation wird reduziert – Unternehmen sparen erhebliche Zeit und Kosten, neue Mitarbeiter einzustellen und auszubilden.
Des Weiteren lassen sich zeitraubende und stressige Fahrten zum und vom Arbeitsplatz vermeiden, wenn man außerhalb der Stosszeiten unterwegs ist. Busse, Bahnen und Straβen sind dann freier. Arbeitnehmer, die zu flexiblen Zeiten arbeiten, können somit ihren Arbeitstag frischer und weniger gestresst beginnen. Mitarbeiter mit einer hohen Arbeitszufriedenheit haben sich als motivierter erwiesen. Sie bringen sich mehr in ihre Arbeit ein und erzielen somit bessere Resultate für ihre Firmen.
Eine bessere Work-Life-Balance
Arbeitnehmer mit Gleitzeitarbeitsverträgen sind Stress und Burnout gegenüber weniger anfällig, da sie sich einer besseren Work-Life-Balance erfreuen. Sie können ihren Arbeitstag so planen, wie es ihnen am besten passt. Dadurch vermeiden sie, von den Ansprüchen des täglichen Lebens überwältigt zu werden. Burnout Symptome zeigen sich durch Müdigkeit, oftmals durch eine negative Einstellung zur Arbeit und ein Verlust an Kompetenz. Indem man seinen Angestellten erlaubt, ihre Arbeitszeiten flexibel einzurichten, können diese eine gesündere Psyche beibehalten und produktiver arbeiten.
Trotzdem sollten Unternehmen auf Anzeichen von Burnout achten, selbst wenn flexible Arbeitszeiten gang und gäbe sind. Wenn sie außerhalb der üblichen Geschäftszeiten arbeiten, könnten einige Mitarbeiter länger als erforderlich arbeiten, indem sie zu früh anfangen oder zu spät aufhören. Dies ist besonders bei denjenigen gängig, die von zuhause arbeiten, da die Grenze zwischen Arbeits-und Privatleben schwerer einzuhalten ist. Unternehmen sollten aber ihre Mitarbeiter dazu anhalten, immer dann abzuschalten, wenn es notwendig ist, damit sie nicht unter einem beruflichen Burnout leiden.
Reduzieren Sie Fehlzeiten
Flexibles Arbeiten kann die Fehlzeiten eines Unternehmens verbessern. Nicht nur reduziert es das Risiko, dass Mitarbeiter durch Burnout krank werden. Es gibt Arbeitnehmern außerdem die Möglichkeit, langfristige gesundheitliche Probleme besser zu managen. Unterm Strich ziehen nicht nur die Angestellten ihren Nutzen daraus – auch Unternehmen laufen effizienter da Kollegen nicht mehr so oft kurzfristig füreinander einspringen müssen.
Eine Studie der Bundespsychotherapeutenkammer von 2018 besagt, dass psychisch erkrankte Arbeitnehmer deutlich länger krankgeschrieben sind als körperlich erkrankte. In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der psychischen Erkrankungen unter Arbeitnehmern fast verdoppelt. Zunehmender Arbeitsstress hat hierzu auch stark beigetragen. Man kann seinen Angestellten helfen, Stress und Angststörungen abzubauen, indem man ihnen erlaubt, die eigenen Arbeitszeiten einzurichten.
Sparen Sie Bürokosten
Wenn nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig im Büro arbeiten, können Unternehmen Geld sparen, indem sie ihre Büroflächen reduzieren. Das gleiche trifft auf Firmen zu, die mobile Arbeiter im Team haben – entweder auf Vollzeit oder im Rahmen eines hybriden Arbeitszeitmodelles. Wenn genau festgelegt ist, dass nicht alle Kollegen zur gleichen Zeit präsent sein werden, können weitere Kosten durch eine Reduzierung an Büromöbeln und Büroaeinrichtungen gespart werden.
Man sollte aber berücksichtigen, ob es für die Firma erforderlich ist, bestimmte Kernarbeitszeiten für die Mitarbeiter festzulegen. Wenn alle Angestellten zu bestimmten Zeiten gleichzeitig im Büro sein werden, selbst wenn dies nur auf wenige Stunden pro Tag zutrifft, brauchen alle ihren eigenen Arbeitsplatz.
Gewinnen Sie neue Mitarbeiter
Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, sind attraktiver für neue Mitarbeiter. Sie beweisen, dass sie die Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers ernst nehmen, die Bedürfnisse der Angestellten berücksichtigen und dass sie ihren Mitarbeitern vertrauen, effizient zu arbeiten.
Flexible Arbeitspraktiken können einem Unternehmen helfen, eine gröβere Diversität in der Belegschaft zu erzielen. Niemand wird ausgeschlossen, nur weil er/sie keinen traditionellen 09:00-17:00 Uhr Arbeitstag verrichten kann oder möchte. Unternehmen stehen somit allen potenziellen Mitarbeitern offen: erfahrenen Arbeitskräften, die ihr Familien-und Berufsleben in einen besseren Einklang bringen möchten; Berufseinsteigern, die es gewöhnt sind, ihren eigenen Tagesablauf zu planen; und älteren Berufstätigen, die ihre Arbeitswoche neugestalten möchten.
Die Erwartungen der Arbeitnehmer verändern sich - Viele suchen derzeit ganz spezifisch nach Arbeitsstellen, die flexible Arbeitszeiten anbieten. Indem man individuellen Bedürfnissen entgegenkommt, kann man die besten Talente rekrutieren. Unternehmen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen bieten potenziellen Mitarbeitern einen wesentlichen Vorteil gegenüber anderen Firmen an, die von ihren Mitarbeitern erwarten, sich strikt an ihren 09:00-17:00 Uhr Arbeitstag zu halten.
Verbessern Sie die Kommunikation
Ein Nachteil des flexiblen Arbeitens ist, das leitende Angestellte ihre Mitarbeiter nicht so gut kontrollieren können, wenn diese zu verschiedenen Zeitplänen arbeiten. Andererseits kann man es als eine Möglichkeit betrachten, die Kommunikation unter den Kollegen zu verbessern. Manager sollten sich während der Kernarbeitszeiten mit ihren Teams in Verbindung setzen, um sicherzustellen, dass es ihnen gut geht und dass sie effizient arbeiten.
Die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern läβt sich auch verbessern. Arbeitgeber werden feststellen, dass ihre Angestellten sie als zugänglicher einstufen, sobald sie ihre Bereitschaft, auf die Bedürfnisse der Angestellten einzugehen, bewiesen haben. Die Distanz zwischen Management und Mitarbeitern wird somit reduziert, was zu einer insgesamt glücklicheren Belegschaft führt.